Core Pruning – Leitfaden für deine Content-Updates

Core Pruning: So bleibt dein Content frisch und knackig

Hand aufs Herz: Wann hast du deine Online-Inhalte zuletzt aufgeräumt und aktualisiert? Oder stopfst du deine Website einfach voll, wie viele andere auch? Dann verdrängst du eine Tatsache: Dieses Verhalten ist geschäftsschädigend. Warum? Weil überholte Fakten, Zitate und Beispiele potenzielle Kunden und offenbar auch Suchmaschinen abschrecken.

Vielerorts wäre es höchste Zeit, aufzuräumen. Aber wie funktioniert das? Woran erkennst du, welche deiner Inhalte schleunigst gelöscht werden müssen und welche noch taugen? Vielleicht entdeckst du ja viele verstaubte Content-Perlen, die du auf die Schnelle aufpolieren und erneut vermarkten kannst – das spart Zeit und Kosten!

Wie das Aufräumen von Content funktioniert, erfährst du in diesem Beitrag. Er wurde länger als geplant und geht zum Teil tief in die Details. Ich habe mich aber zu dieser Intensität entschlossen: Das Aufräumen ist ein anspruchsvoller Job, für den vieles abgewägt und entschieden werden muss. Dazu möchte ich einige Grundlagen liefern.

1. Content aufräumen – muss das sein?

Kennst du das? Du räumst deinen Kühlschrank auf und je tiefer du vordringst, desto älter werden die Lebensmittel. Joghurts, Sahne, Meerrettich, Essiggurken – vieles ist alt, vielleicht sogar schon – igitt – schimmlig? Das Zeug muss weg, sofort! Manches aber, auch wenn das Haltbarkeitsdatum überschritten ist, hält noch eine Weile. Das eine oder andere Fundstück ist sogar perfekt, um es gleich am Abend in den Topf zu werfen. Oder um es einzufrieren. Oder, oder, oder.

Wir treffen viele kleine Entscheidungen, bis der Kühlschrank wieder tipptopp ist (und wir ihn erneut vollstopfen). „Wegwerfen oder nicht wegwerfen?“ – diese Methode wäre viel zu simpel. Genauso ist es mit Online-Inhalten. Auch hier geht es nicht um „Löschen oder nicht löschen“, sondern außerdem um wiederentdecken, neu kombinieren, aufpolieren oder umsortieren. Und es sind viele kleine Indizien, die uns dabei helfen, die sinnvollste Entscheidung zu treffen.

Über die Jahre haben etliche Unternehmen Unmengen an Content angehäuft, aber niemals aufgeräumt. „Hey, wir haben zu viele Inhalte in unserem Blog, das liest keiner mehr! Wir müssen dringend ausdünnen!“ – „Ja, du hast völlig recht. Lass uns das mal machen. Demnächst! ASAP! – Wie oft habe ich das gehört. Und passiert ist …? Nix.

Starke Marken brauchen eine Top-Performance – ohne peinliche Altlasten

Es gibt nichts, was lieber auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird als das Ausmisten von Online-Inhalten. Viele investieren ihre Arbeitszeit lieber in den neuesten heißen Sch*, der – so die Hoffnung – stark und schnell performt. Nein, Problem verdrängt. Es wird chronisch. So viel sei gesagt: Suchmaschinen sind nicht für das Kompostieren alter Inhalte zuständig.

Aufräumen macht Sinn! Das behaupte ich jetzt nicht aus der SEO-Perspektive, sondern aus User- und Markensicht. Denn was passiert, wenn Menschen, etwa potentielle Kunden oder Bewerber, auf verstaubte Artikel stoßen? Sie gehen auf Abstand und fragen sich, ob das Unternehmen generell schlampig gemanagt wird – immerhin handelt es nach der Devise „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“

Nachlässigkeit in der Content-Pflege sät viele Zweifel. Und die sind Gift für den Ruf und letztendlich für Umsatz und Recruiting. Das bedeutet: Eine Content-Plattform kann das Image eines Unternehmens stärken, aber genauso gut schwächen oder zerstören. Das gilt für den kompletten Auftritt als auch für jedes einzelne Stück davon.

Du profitierst in hohem Maße, wenn dein Content up to date ist:

  • Er baut Glaubwürdigkeit und Vertrauen auf – die unbedingte Voraussetzung für Kauf und Wiederkauf.
  • Er stärkt die Marke und trägt so indirekt und langfristig zur Umsatzsteigerung bei.
  • Es ist anzunehmen, dass Suchmaschinen thematisch strukturierte Publikationsplattformen, die immer wieder entrümpelt werden, mit einem guten Ranking belohnen.

Starke Marken brauchen eine Top-Performance ohne peinliche Altlasten. Damit das klappt, müssen wir uns von dieser weit verbreiteten seriellen Logik verabschieden, nach der immer nur das Neue wichtig ist. Online-Content ist eine Neverending Story! Jay Baer, Gründer der Online-Beratung Convince & Convert stellt klar: The content you make is not THE thing, it’s just the FIRST version of that thing. Content muss ständig aufgefrischt werden, er darf nicht vergammeln. Dazu brauchen wir ein neues grundlegendes Verständnis.

Weil ich als Content-Strategin immer häufiger mit dem Zurechtstutzen großer Content-Bestände zu tun bekomme, machte ich mich auf die Suche nach Lösungen, wurde aber nicht fündig (außer im SEO-Bereich). Also habe ich mich selbst in dieses Thema reingebohrt – und mit eigener Hand jenen Artikel geschrieben, den ich so gerne gefunden hätte.

2. Was ist „Core Pruning“?

Wie räume ich meine Inhalte auf, Schritt für Schritt? Bisher werden vor allem SEO-, Website- und auch Social-Media-Daten eingesetzt, um über die Zukunft eines Beitrags zu entscheiden. Das erfährst du auf diese Weise: Rankt ein Artikel noch? Wird er überhaupt gelesen? Spielt er im Social Web noch eine Rolle? Die Daten liefern also wertvolle Hinweise, welche Resonanz der Beitrag noch erzeugt. Das Vorgehen wird „Content Pruning“ genannt und es gibt viel Lesenswertes dazu.

Aber: Diese Sicht allein reicht nicht, um triftige Entscheidungen zu treffen! Warum? Weil du noch nichts über die zentrale inhaltliche Qualität der einzelnen Beiträge weißt. Du weißt noch nicht:

  • Besitzt dieser Content noch irgendein Potenzial, etwa grundlegendes Wissen zu einem Spezialthema?
  • Ist sein Thema immer noch wertvoll für Marke und Unternehmen?
  • Ließe sich daraus etwas Frisches zaubern, zum Beispiel durch das Anreichern mit neuen Beispielen und Zitaten?
  • Könnte uns das Überarbeiten Zeit und Geld sparen, weil wir keinen neuen Artikel anfertigen müssen?

All das sind Fragen, die du nur mit einem fundierten inhaltlichen Check beantworten kannst. Du musst jedes einzelne Content-Stück öffnen, bewerten und viele Entscheidungen treffen.

Anders ausgedrückt: Angenommen, ein Artikel rankt nicht mehr, wird nicht mehr aufgerufen und das Social Web beschäftigt sich seit zwei Jahren nicht mehr mit dem Thema – all das muss nicht bedeuten, dass er unbrauchbar ist und gelöscht werden muss. Müll ist Interpretationssache.

Genau hier – beim Bewerten der Inhalte – gibt es eine Wissenslücke: Wie können Unternehmen die Inhalte ihres Contents konkret bewerten, überarbeiten oder löschen? Wie funktioniert inhaltliches Content Pruning? In diesem Artikel versuche ich, jeden einzelnen Schritt zu erklären. Getauft habe ich den Prozess „Core Pruning”. Warum? Weil wir das Innerste untersuchen, das Herz eines jeden einzelnen Beitrags.

Viele kleine Entscheidungen führen zum Ziel

Wie ist der heutige Stand, wenn es um das Aufräumen von Inhalten geht? In der Regel werden zwei qualitative Audits empfohlen: die ROT-Analyse und die ARA-Analyse. Mit der einen wird untersucht, ob Content redundant ist, outdated oder trivial. Die zweite analysiert seine Aktualität, Relevanz und Angemessenheit.

Ich habe aber ein Problem mit den beiden: Das sind bloß Analysen (und viel zu oberflächliche obendrein)! Das Schlimmste aber ist, dass sie uns mit der eigentlichen, entscheidenden Frage im Stich lassen: Wie geht’s jetzt weiter? Was muss ich unternehmen, damit mein Content frisch, aktuell und lesenswert wird? Ergo taugen sie bestenfalls als Auftakt für den eigentlichen Job.

Mit „Core Pruning“ möchte ich diese Fragen beanworten. So viel vorab: Wir haben es mit einem komplexen Prozess voller kleiner Entscheidungen zu tun. Journalistisch Erfahrene treffen diese, dank ihres Wissens, schnell und routiniert – ja fast schon instinktiv (vergessen dann aber gern das eine oder andere wichtige Detail – sorry, Kollegen). Darum, hier schon mal als Vorwarnung, wird es ab dem 5. Teil dieses Artikels recht kleinteilig.

Das ist Core Pruning: Das Core Pruning ist ein Teilbereich des „Content Pruning“. Inhalte werden im Detail auf ihre konzeptionelle, strukturelle und inhaltliche Qualität und Aktualität untersucht. Danach werden Optimierungs- und Aktualisierungsmaßnahmen entwickelt und durchgeführt. Ziel ist es, das Potenzial bereits publizierter Angebote immer wieder aufs Neue auszuschöpfen sowie jenen Content zu löschen, der keine inhaltliche Relevanz mehr besitzt. Im Idealfall wird Core Pruning als selbstverständliche redaktionelle Aufgabe betrachtet, die regelmäßig durchgeführt wird. Dies muss in enger Abstimmung mit SEO-Experten geschehen, die ebenfalls mit ihren Analysen am komplexen Prozess des Content Prunings teilnehmen.

Ein Nebenergebnis meiner Arbeit – ich habe vier beliebte Begriffe eingeordnet in das große Ganze: Content Recycling, Content Repurposing, Content Recovery und Content Rediscovery. Es sind sehr potente Aufräumvarianten, eine jede hat ihre Vorzüge.

3. Mag Google gesäuberte Websites?

Honoriert Google denn solche Aufräumarbeiten? Darüber sind die SEO-Experten uneins. Andy Crestodina, Gründer von Orbitmedia, ist der Meinung, der Aufwand lohne nicht und bilanziert: Don’t prune. Hoard your content. Searchmetrics-Gründer Marcus Tober hingegen empfiehlt das Gegenteil. Für ihn gehört das „Website aufräumen und Content konsolidieren bzw. löschen“ dazu.

Tober ist mit seiner Einschätzung nicht allein. Wenn das Aufräumen für die Nutzer hilfreich ist, dann sollte man das auch tun, stellt etwa Olaf Kopp, SEO-Experte und Partner bei Aufgesang, klar. Auch in der SEO-Arbeit zahle es sich auf lange Sicht aus, die Perspektive der User einzunehmen. Der Hannoveraner vermutet außerdem, dass es Vorteile bringt, wenn man sich mit einem klar umrissenen Thema in Stellung bringt – und dazu beliebige Allerweltsgeschichten entfernt, die weder auf Unternehmen noch Marke einzahlen.

Das Argument, Artikel dürfe man generell nicht löschen, weil das die Linkstruktur der Website zerstöre, lässt Kopp nicht gelten. Natürlich muss ich wissen, woher ich den Linkjuice bekomme, gute Backlinks darf ich nicht verfallen lassen. Aber das kann kein Argument sein, einen Artikel zu behalten, obwohl er inhaltlich alt, falsch und nicht mehr zu retten ist. Sein Vorschlag: Löschen und nach einer passenden Alternative suchen, auf die ich mit Redirect 301 verweise und mit allem Nötigen anreichere. Im Optimalfall aber verlinkt man direkt ohne Weiterleitung, so Kopp, das verhindere schädliche Redirect-Ketten: Das bedeutet aber deutlich mehr Aufwand: Man muss alle Links, die auf das zu löschende Dokument hinführen, neu setzen.

Kurz: Lösche und verändere nichts, das du nicht mit deinem SEO-Kollegen abgesprochen hast!

4. Core Pruning – so geht’s

Im Folgenden erfährst du, wie du dein Content-Angebot entrümpelst. Achtung, eine Vorwarnung: Es wird recht komplex, denn es gibt viele Aspekte, die zu beachten sind. Die Fülle an Details hat mich selbst überrascht, nachdem ich alles Nötige zusammengetragen hatte. Und bestimmt habe ich das eine oder andere vergessen (Bitte hinterlasse einen Kommentar, wenn dir etwas auffällt!). Im Vorteil sind Menschen mit journalistischer Vorbildung, weil sie solche Bewertungsraster schon kennen.

Das sind die Vorgänge, Schritt für Schritt:

  • Zunächst erfährst du, wie du die Güte eines Content-Stücks bewerten kannst. Das geschieht anhand inhaltlicher, struktureller und konzeptioneller Kriterien. (Analysephase)
  • Als Zweites lernst du, wie du dank deiner Ergebnisse zu einem Beschluss kommst: Was soll mit diesem Content-Stück geschehen? (Entscheidungsphase)
  • Abschließend bekommst du einen Vorschlag, mit welchen Elementen der Redaktionsplan angereichert werden kann.

Du erhältst zwei Listen und weitere Hilfen, die dir beim Bewerten und Entscheiden helfen. Diese sind konzipiert für magazinige Angebote, wie sie etwa in Blogs zu finden sind. Es sind meine individuellen Entwürfe, die du nach deinen Bedürfnissen und deinen Content-Arten anpassen kannst.

Außerdem: Listen sind nicht nur zum gewissenhaft Ausfüllen gedacht – du kannst sie genauso gut verwenden als Gedächtnisstütze oder als Arbeits- und Argumentationsleitfaden. „Vom höchsten Ordnungssinn ist nur ein Schritt zur Pedanterie“, mahnte schon Christian Morgenstern. Je öfter du diese Arbeit durchführst, desto leichter und routinierter wird sie dir von der Hand gehen.

Wenn dich der große Ehrgeiz packt, das komplette Content-Angebot optimieren zu wollen: Überlege besser nochmal, das kann aufwendig werden. Vermutlich wäre es geschickter, du knöpfst dir einen Themenschwerpunkt vor, der für dein Unternehmen aktuell am wichtigsten ist.

Core Pruning braucht ein klar erkennbares Ziel

Was genau willst du erreichen? Je klarer du dieses Ziel ausformulierst, desto besser kommst du voran. Um ein solches zu finden, musst du dich fragen: Was hat sich in deinem Unternehmen verändert und was muss der Content zum Ausdruck bringen?

Zum Beispiel:

  • Die Führungsspitze hat (endlich) eine Marke aufgebaut und sämtliche Inhalte müssen dem Markenstil entsprechen.
  • Das Unternehmen hat sich von Produkten, Services und Mitarbeitern getrennt. Jetzt müssen die Beiträge dementsprechend aktualisiert werden.
  • Einige Produkte wurden überarbeitet, die Inhalte müssen angepasst werden.
  • Die Unternehmenskommunikation hat neue Schwerpunkte gesetzt und will ein Thema „beerdigen“.
  • Eine weitere Zielgruppe soll sich angesprochen werden.
  • Neue Kollegen bringen neues Expertenwissen mit, das sichtbar gemacht werden muss.
TIPP: Fertige ein kurzes Handout an, in dem du das Ziel und die erhofften Profits beschreibst. Lass es dir von einem Verantwortlichen absegnen. Vor allem, wenn du vieles löschen willst! Das erspart dir womöglich harte Diskussionen mit Menschen, die deine Pläne – aus welchen Gründen auch immer – verhindern wollen. Der größte Feind der neuen Ordnung ist, wer aus der alten seine Vorteile zog – diese Weisheit Niccoló Machiavellis gilt auch hier.

5. Analysiere: Wie steht es um die Qualität des Contents?

In diesem Abschnitt erfährst du, wie du die Brauchbarkeit der einzelnen Beiträge analysieren kannst. So bekommst du die nötige Wissensgrundlage, um im zweiten Schritt gute Entscheidungen zu treffen.

Die Analyse teile ich, der Klarheit zuliebe, in vier Bereiche:

  • Generelles: Arbeitet der Autor nicht mehr in der Firma? Verfehlt der Beitrag die Ansprüche einer neuen Zielgruppe? Auch das muss festgehalten werden.
  • Inhaltliches, also alles, was den Fließtext prägt. Zum Beispiel: Zitate, Beispiele, Studien, Bilder, Grafiken, Zeitangaben oder interne und externe Links – sie könnten längst veraltet sein.
  • Strukturelles, das dem Content seine Gestalt gibt – etwa Headlines, Teaser, Zwischentitel, der chronologische Aufbau der Story und Keywords.
  • Konzeptionelles, um generelle Mängel festzuhalten (nur einzelne Passagen noch brauchbar) oder einen mangelnden Fit mit anderen Beiträgen (etwa Redundanzen oder Widersprüche).

Selbstverständlich brauchst du außerdem ein Urteil aus SEO-, Webanalyse- und Social-Media-Sicht. Interessant sind hier auch jene Erfolge, die ein Content direkt nach seiner Erstveröffentlichung hatte. Vielleicht lässt sich das ja wiederholen?

Was du nicht vergessen darfst: Binde die ursprünglichen Autoren mit ein, denn nur sie können den Status quo aus fachlicher Sicht beurteilen. Niemals solltest du über deren Köpfe hinweg entscheiden. Es gibt nichts, was Autoren mehr erbost und demotiviert als das Missachten ihrer Kompetenz. Sollte der Autor nicht mehr für das Medium schreiben (etwa weil er gekündigt hat): Suche einen Ersatz, der die fachliche Expertise beisteuern kann.

Erkennst du, wie vielschichtig das Core Pruning ist? Dass es deine ganze Konzentration erfordert? Gern wird auf die Schnelle ausgebessert. Dann werden Headline, Teaser und Einstieg erneuert, etwa wenn der „Aufhänger“ in die Jahre gekommen ist (vielleicht eine Messe, die vor zwei Jahren stattfand?). Dann wird ein aktueller Anlass gesucht und Headline, Teaser Einstieg werden damit aufgefrischt.

Mit der Liste „Core Pruning: Analyse (Vorbereiten einer Entscheidung)“ kannst du detailliert prüfen und festhalten, woran es aktuell hapert. Fertig ausgefüllt gibt sie dir einen Überblick über die Qualität des Beitrags – und dient dir als Grundlage für die vielen kleinen Entscheidungen im zweiten Schritt.

Core Pruning: Analyse (Vorbereiten einer Entscheidung)

Core Pruning: Analyse (Vorbereiten einer Entscheidung)

Halte dich mit dem Vorab-Audit aber nicht allzu lange auf. Wer routiniert ist im Bewerten von Content-Qualität (etwa journalistisch Erfahrene), kann sich diesen Schritt womöglich sparen und gleich mit dem „Core Pruning: Entscheidung (Aktualisierung von Konzept, Struktur und Inhalt)“ beginnen, in das du den Großteil deiner Energie investieren solltest.

Ausnahme: Die Analyse von SEO- und Webanalyse-Daten muss sein, darauf darf niemand verzichten.

6. Wäge ab: Welche Aktualisierungen lohnen sich?

Sobald du einen Eindruck bekommen hast, kommen zwangsläufig diese zwei Fragen auf: Lohnt sich das Überarbeiten? Oder ist es besser, gleich etwas Neues zu produzieren?

Wenn du zum Beispiel einen drei Jahre alten Beitrag entdeckst, der trotzdem viel Wissenswertes zu einem aktuell heißen Thema bietet – und der nur mit neuen Keywords und einem frischen Aufhänger angepasst werden müsste: Ohne Zweifel lohnt es sich dann, diesen aufzupolieren und neu zu vermarkten. Solltest du hingegen auf einen Beitrag mit einem steinalten Thema stoßen, überholte Fakten inklusive, dann verabschiede dich am Besten von diesem Beitrag.

Matrix Entscheidungshilfe: Lohnt die Content-Überarbeitung?

Entscheidungshilfe: Lohnt die Content-Überarbeitung?

Die Matrix „Entscheidungshilfe: Lohnt die Content-Überarbeitung?“ hilft ein wenig beim Abwägen.

Mein Erfahrung ist: Der Aufwand, der für das Überarbeiten eines Artikels nötig ist, wird meistens stark unterschätzt. Habe also bitte keine Scheu, dich von „ollen Kamellen“ zu trennen. Und versuche, es dem Autor schonend beizubringen. Manchmal ist einfach Zeit für Neues.

Meike Leopold, Autorin des Buchs „Content Marketing mit Corporate Blogs”, schätzt: 80 Prozent des Traffics werden mit 20 Prozent der Inhalte erreicht. Die Blog-Expertin empfiehlt: Schauen Sie sich Ihre Blog-Statistiken an, beispielsweise in Google Analytics. Finden Sie heraus, welche Blogbeiträge am meisten Traffic generiert haben, um eine Entscheidung zu treffen.

7. Entscheide dich: Was soll mit deinem Content geschehen?

In diesem Abschnitt erfährst du, auf welche Weise du deinen Content auffrischen oder entfernen kannst. Diese Phase ist vielschichtig und anspruchsvoll. Lass dir also Zeit.

Auch hier musst du Generelles, Konzeptionelles, Strukturelles und Inhaltliches beleuchten. Es geht um viele kleine Entscheidungen:

  • Generelles – Wer soll der neue Autor sein? Welche Zielgruppe soll mit welchen Themenschwerpunkten angesprochen werden?
  • Konzeptionelles – Wird der Beitrag aktualisiert und neu vermarktet? Oder soll er mit anderen Beiträgen kombiniert werden? Werden Ausschnitte recycelt und der Rest gelöscht? (7.a)
  • Strukturelles – Braucht der Beitrag eine neue Headline und neue Zwischentitel? Sind neue Keywords nötig? (7.b)
  • Inhaltliches – Soll der Text generell vereinfacht werden? Soll er neue Beispiele und Zitate bekommen? (7.b)
Core Pruning: Entscheidung - Aktualisierung von Konzept, Struktur und Inhalt

Core Pruning: Entscheidung – Aktualisierung von Konzept, Struktur und Inhalt

Spätestens jetzt solltest du dich von einem SEO-Profi beraten lassen, welche Auswirkungen die geplanten Änderungen aus seiner Sicht haben. Er muss etwa erläutern, welche Redirect-Form Sinn macht, welche Auswirkungen noindex oder delete hätten und vieles mehr. Hier überschneiden sich die Kompetenzen von journalistischem und SEO-Know-how stark und es setzt enorme kreative Energien frei, wenn beide Seiten die Kompetenz der anderen wertschätzen.

In der Liste „Core Pruning: Entscheidungen“ findest du viele Details, mit denen du den Content optimieren kannst. Ausgefüllt ist das eine Liste, die du dem Autor des neuen Beitrags quasi als Briefing in die Hand drücken kannst.

Im Folgenden erkläre ich das genauer.

7.a Entscheide dich für ein Content-Konzept

Bestimmt hattest du während der Analyse einige „Aha-Momente“. Jetzt weißt du zum Beispiel,

  • welcher Artikel hochwertig genug ist, um als Ganzes aktualisiert zu werden,
  • ob nur noch einzelne Passagen eines Beitrags brauchbar sind,
  • ob einzelne Artikel einander ergänzen,
  • ob es Beiträge gibt, die redundant sind oder sich widerprechen.

Was tun? Es ist wie beim Kühlschrankaufräumen – irgendwie findet sich immer eine neue Idee. Das sind einige davon:

Unverändert lassen:

Wenn ein Beitrag nach wie vor aktuell ist, der gesamte Inhalt lesenswert und in allen Aspekten nach wie vor gültig, spricht nichts dagegen, ihn zu lassen, wie er ist. Hinweis: Interviews müssen generell unverändert bleiben, gesagt ist gesagt. Wenn das Interview nicht mehr der Unternehmensausrichtung entspricht, kannst du es eventuell löschen (aber nur in Absprache mit der Kommunikationsabteilung).

Auffrischen:

Du aktualisierst den Beitrag und verwendest dazu eine dieser 3 Varianten:

  1. Recovery:

    Du erneuerst etwa den Aufhänger, Zitate und Beispiele. Direkt in den Anfang des Bodytexts fügst du eine Info ein wie: „Aktualisiert am Tag.Monat.Jahr“. Neu vermarktet wird der Beitrag aber nicht.
    Verwendung: Dieses Vorgehen eignet sich für Inhalte, deren Thema nach wie vor interessant ist und weiter gefunden werden sollte – sie aber dennoch nicht spannend genug sind, um sie neu zu vermarkten.

  2. Rediscovery:

    Du aktualisierst den Beitrag dermaßen grundlegend, dass du ihn wie einen neuen Artikel behandeln kannst. Er bekommt ein aktuelles Datum und wird neu vermarktet.
    Verwendung: Lohnenswert ist eine solche „Wiederentdeckung“, wenn sein Thema nach wie vor – oder wieder – topaktuell ist. Manchmal ist ein spannender Beitrag längst vergessen, bevor sein Thema richtig hochkocht. Dann sollte er aktualisiert und vermarktet werden. Es ist eine Überlegung wert, ob man diesen Beitrag ausbaut mit weiteren Informationen und Beispielen. Bitte prüfe die Urheberschaft und kennzeichne sie gegebenenfalls. Das gilt auch fürs Recyceln.

  3. Repurposing:

    Hier wird nicht nur aktualisiert, sondern auch die Ausrichtung geändert. Dieser Artikel wird also sehr stark verändert und deshalb als neuer Artikel behandelt und vermarktet.
    Verwendung: Solche starken Veränderungen machen dann Sinn, wenn du etwa eine geänderte Zielgruppe ansprechen willst oder dein Unternehmen inzwischen eine andere Einstellung zum Thema gewonnen hat.

Neu kombinieren:

Manchmal sind einzelne Artikel nicht mehr informativ genug, sie wirken zu dünn. Dann kannst du mehrere solcher Beiträge kombinieren: zu einem einzigen, großen Artikel – oder zu einem Cluster:

  1. Aggregieren:

    Der Artikel bleibt bestehen, nimmt aber einzelne ausgewählte Passagen anderer Artikel auf (die dann gelöscht werden). Er wird als zentraler Beitrag genutzt, weil er bereits die besten Informationen enthält.
    Verwendung: Geeignet, wenn du das Content-Angebot von kleinen und nur noch halbwegs interessanten Artikeln bereinigen willst, die den gleichen Themenkreis haben. Je nach Bedeutung des Themas kann der Beitrag auch neu vermarktet werden.

  2. Pillar-Artikel eines Clusters:

    Du verwendest den Artikel als Themenzentrale, denn er beschreibt ein Thema übergreifend. Er wird ausgebaut mit Hinweisen und Links zu Unterartikeln, die einen Teilaspekt beschreiben. So entsteht ein Themencluster.
    Verwendung: Diese Konstruktion bietet sich an, um ein wichtiges Thema tief zu erschließen. Voraussetzung ist, dass es viele einzelne Unterartikel dazu gibt, die jeweils einen Aspekt beleuchten. Sie dürfen sich nicht widersprechen und eventuelle Wiederholungen müssen eliminiert werden. Selbstverständlich wird dieser Cluster neu vermarktet und mit einem aktuellen Datum versehen. Achtung: Macht viel Arbeit!

  3. Micro-Content:

    Manche Inhalte sind bestens geeignet als Grafik, Bild, Infografik oder als Video. Sie werden als Ergänzung direkt in den betreffenden Artikel eingesetzt und außerdem als Micro-Content zur Vermarktung genutzt.
    Verwendung: Nutze diese Chance! Fertige Micro-Content an, bereichere damit nicht nur die betreffenden Artikel, sondern weitere Content-Formate, zum Beispiel Präsentationen (auf der Bühne und auf Slideshare), oder Social-Media-Auftritte. Nutze den Micro-Content zum Vermarkten des Artikels. Benenne den Micro-Content klug und in Zusammenarbeit mit einem SEO-Experten, denn er soll in der Bildersuche ja gut ranken.

Entfernen oder recyceln:

Manchmal ist die Qualität eines Beitrags dermaßen schlecht, dass er nicht mehr zu retten ist. Das geschieht vor allem mit News oder Kommentaren zum Zeitgeschehen – irgendwann sind sie einfach irrelevant, das ist ihr Schicksal.

Hier drei Vorschläge, wie du mit zu löschenden Beiträgen umgehen kannst:

  1. Ersatzlos löschen:

    Es gibt Beiträge, die sind schlicht nicht korrigierbar. Zum Beispiel, weil das Thema zu trivial oder komplett überholt ist.
    Verwendung: Suche lieber einen ähnlichen Artikel, auf den du stattdessen verweisen kannst und verabschiede dich leichten Herzens von dieser Altlast. Sollte der Beitrag ohnehin nicht mehr ranken, kann er auch ersatzlos gelöscht werden. Kläre mit den SEO-Kollegen, wie du am Besten vorgehst.

  2. Recyceln:

    Der Artikel soll gelöscht werden, aber einzelne Passagen daraus sind zu schade, um zu verschwinden.
    Verwendung: Suche einen thematisch passenden Artikel und baue die Passagen dort ein (siehe Punkt „Aggregieren“).

  3. Deponieren:

    Wen die Sorge plagt, der eine oder andere Mitarbeiter könnte irgendwann auf diesen alten Artikel zugreifen wollen, kann ihn in einem inoffiziellen Archiv deponieren – quasi die Tiefkühltruhe des Unternehmens.
    Verwendung: Sichere dich bei fachlich versierten Kollegen ab, unter welchen Umständen sich das Aufbewahren lohnt. Sonst droht ein wildes Durcheinander, das irgendwann aufgeräumt werden muss.

7.b Entscheide dich für strukturelle und inhaltliche Veränderungen

Nun musst du festlegen, was du strukturell und inhaltlich verändern willst. Vielleicht braucht der Text neue Keywords, eine neue Headline und Teaser? Oder du musst Generelles ändern, etwa die Sprache und informative Tiefe für eine veränderte Zielgruppe? Auch hier solltest du auf die Fachkompetenz des Autors – oder eines anderen Experten zum Thema – bauen und ihn am Entscheidungsprozess teilhaben lassen.

Vielleicht hast du außerdem neue Ideen, zum Beispiel für Bilder und Grafiken. Oder du planst Passagen, die konkrete Fragen beantworten für Feature Snippets und Voice Search.

Deine Änderungen kannst du detailliert in der Liste Core Pruning: Entscheidung festhalten.

8. Erweitere den Redaktionsplan

Gratulation! Sobald du weißt, welche Änderungen anstehen, hast du die größte Etappe geschafft. Jetzt kannst du alle Beiträge, die zu aktualisieren sind, zusammenführen in ein Dokument: den Redaktionsplan. Nun kannst du alle Beteiligten briefen und Termine festlegen. Mit diesen Inhalten kannst du den Redaktionsplan fortführen:

Generelles:

  • URL
  • Liste der Entscheidungen (Name und Ort)
  • Priorität der Überarbeitung ABC
  • Soll die Überarbeitung promotet werden? (Social Media, Paid Media, PR …)

Beteiligte Personen:

  • Verantwortlich
  • Autor (Überarbeitender)
  • offizieller Autor
  • SEO
  • Promotion

Briefing-Abgaben:

  • Autor
  • Grafiker/Video
  • SEO
  • Promotion

Termine:

  • Abgabe Autor und Grafiker
  • Einbau
  • Check SEO
  • Start Promotion
  • Veröffentlichung
  • Erfolgskontrolle (Promotion, SEO, Webanalyse)
  • Nächster Check

Falls du die Liste als Excel-Sheet haben willst, hier entlang: Erweiterung des Redaktionsplans

Vergiss nicht, den nächsten Pruning-Check zu fixieren, damit er nicht in Vergessenheit gerät. Solltest du unterschiedliche Content-Stile haben, könntest du passende Rhythmen einführen. News etwa solltest du früher checken als How-to-Storys. So könnte das aussehen:

Core Pruning: Aktualisierungsrhythmus

9. Was hast du da eben gelesen?

„Löschen oder nicht löschen?“ Das war eine der Fragen zu Beginn dieses Artikels. Nun, viele tausend Wörter weiter, habe ich eine große Hoffnung: Dass du bei dieser Frage künftig aus vollem Herzen lachen kannst!

Schlicht, weil du jetzt das nötige Gespür besitzt, auf welch vielfältige Weise du mit deinen alten Inhalten umgehen kannst. Weil du weißt, wieviel Neues du daraus schöpfen kannst. Weil du weißt, dass du nicht nur Daten, sondern auch ein inhaltliches Urteil brauchst. Weil du verstanden hast, dass Entrümpeln lästig sein kann, aber trotzdem zur Routine gehören muss.

Vor allem aber: Weil du verstanden hast, dass du damit das Vertrauen der Konsumenten gewinnst. Du unterstützt Marke, Unternehmen und Produkte – auf Dauer!

Zeige, wie kreativ und ideenreich du im Content Pruning bist. Und dass es sich lohnt, sich von Ballast zu trennen. Werde zur Marie Kondo des Contents – es zahlt sich aus!

Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY

Core Pruning: So bleibt dein Content frisch und knackig
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Doris Eichmeier

Doris Eichmeier

Doris Eichmeier arbeitet als Content-Strategin, Content-Managerin und Content-Produzentin. Mit Klaus Eck schrieb sie das Buch „Die Content-Revolution im Unternehmen“. Ihr Wissen gibt Doris am Master-Studiengang Content-Strategie am Joanneum Graz und an der Akademie der Medien weiter.

2 Reaktionen zu “Core Pruning: So bleibt dein Content frisch und knackig”

  1. Dirk

    Sehr guter Überblick und ein wirklich interessantes Thema. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Das ist sehr sinnvoll für das SEO.

    Antworten
  2. Lisa

    Der Inhalt ist sehr wichtig, insbesondere nach dem Google BERT-Update. Mithilfe von Natural Language Processing kann Google jetzt den semantischen Kontext einer Suchanfrage viel besser verstehen. Danke für den guten Überblick

    Antworten

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