Markenbotschafter-Strategie im Unternehmen: Die fünf schlimmsten Fehler und die größten Erfolgsfaktoren

Markenbotschafter-Strategie im Unternehmen: Die fünf schlimmsten Fehler und die größten Erfolgsfaktoren

Ob man sie nun „Corporate Influencer“, „Brand Ambassadors“ oder „Mitarbeiter-Markenbotschafter“ nennt: Tatsächlich wird jeder Mensch, der in einem Unternehmen tätig und in dieser Funktion erkennbar ist, auf die eine oder andere Weise als Markenvertreter wahrgenommen. Das gilt nicht nur für Kundenberater oder andere Berufe, deren Aufgaben ausdrücklich darin bestehen, mit Kunden und weiteren Stakeholdern zu interagieren.

Da heute fast jeder Mensch in sozialen Netzwerken unterwegs ist – und seien es nur Mikronetzwerke wie etwa private WhatsApp-Gruppen – kann man getrost sagen, dass nahezu jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter auf die eine oder andere Weise medial aktiv ist. Je bewusster dies im Unternehmen und von jedem Einzelnen gestaltet wird, desto erfolgreicher im Sinne der Ziele eines Unternehmens gelingt die Kommunikation. Wie sich Markenbotschafter aller Unternehmensebenen verhalten, strahlt auf das Unternehmen zurück – im positiven wie im negativen Sinne, und je nach Position kann das eine enorme Reichweite erlangen.

So langsam setzen sich solche Erkenntnisse auch in deutschen Unternehmen durch. Doch in einer Kommunikationswelt, in der vielerorts die ideale PR immer noch eine zentral gesteuerte, auf positive Aussagen fixierte und möglichst hochglanzpolierte ist, fällt es Entscheidern nach wie vor schwer loszulassen. Vielstimmigkeit wird von vielen eher als Bedrohung denn als Chance wahrgenommen. Die Angst vor Gefahren und Kontrollverlust hindern daran, Betriebsangehörige aktiv dazu zu motivieren, für das Unternehmen Gesicht zu zeigen. Der Digital CEO oder Social CEO stellt in deutschen Unternehmen nach wie vor eine Ausnahme dar; Ausnahmen allerdings gibt es. Hier eine Reihe von Positivbeispielen für Unternehmen, die das Thema „Markenbotschafter“ strategisch angehen.

Dabei gewinnt in diesen digitalen Zeiten das Thema „Markenbotschafter“ immer noch weiter an Bedeutung: Unternehmen haben es zunehmend schwer, sich mit ihren Botschaften und Inhalten in der steigenden Flut an Informationen und Reizen durchzusetzen. Daher brauchen Marken, im B2B ebenso wie im B2C, persönliche Botschafter, die ihren Nutzenversprechen und Inhalten ein Gesicht verleihen und Orientierung bieten. Mitarbeiter eignen sich hier als verlässliche und glaubwürdige Lotsen für ihre Marke beziehungsweise Unternehmen.

Wiedererkennbaren Personen mit individuellen Eigenschaften vertrauen Menschen in der digitalen Welt eher als gesichtslosen Firmenprofilen. Ignoriert man diese Tatsache, verkennt man nicht nur die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, sondern überlässt es der Lust und Laune sowie der kommunikativen Kompetenz des einzelnen Mitarbeiters, ob und wie er das eigene Unternehmen in der Öffentlichkeit repräsentiert.

Damit die eigenen Mitarbeiter aber zum gemeinsamen Kommunikationserfolg beitragen, sind sowohl strategisch als auch taktisch, also in der konkreten Umsetzung, einige entscheidende Aspekte zu beachten. Hier sind die fünf wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine Markenbotschafter-Strategie – und die fünf schlimmsten Fehler, die man dabei machen kann.

TIPP: Eine umfassende Einführung in das Thema Markenbotschafter in der Unternehmenskommunikation liefert das Buch „Lotsen in der Informationsflut“ von Dr. Kerstin Hoffmann. Auf der Buch-Website gibt es zudem zahlreiche kostenlose Tools, Downloads und weiterführende Links.

Die Markenbotschafter-Strategie in der konkreten Umsetzung: So machen Unternehmen und Marken viel richtig und nur (noch) wenig falsch

Fehler Nr. 1: Markenbotschafter-Aktivitäten dem Zufall überlassen

Von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gleichermaßen kommunikative Kompetenz und Fürsprechertum zu erwarten, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie sichtbare Markenbotschafter auf die Kommunikationsziele des Unternehmens einzahlen: Das kann ja gar nicht gutgehen; oder wenn doch, dann ist es reiner Zufall.

Erfolgsfaktor Nr. 1: Markenbotschafter-Strategie bewusst und werteorientiert gestalten

Keine, wirklich keine Kommunikationsmaßnahme reißt heraus, was die Unternehmenskultur nicht hergibt. Wenn jeder einzelne Mitarbeitende eine potentielle Schnittstelle in die Öffentlichkeit bildet, dann ist es so gut wie unmöglich, Missstände unter der Decke zu halten oder Werte zu vermitteln, die im Unternehmen (nicht) gelebt werden. Daher lohnt es sich, für Unternehmen mit einer werteorientierten Kultur, ihre Markenbotschafter-Strategie aktiv daran zu orientieren. Alle anderen arbeiten besser erst einmal an Werten und Kultur, ehe sie aktiv an der Außenwirkung schrauben.

Fehler Nr. 2: Markenbotschafter-Strategie als Diktat von oben

Was Unternehmensleitung, Kommunikationsabteilung und vielleicht noch eine smarte Agentur sich am grünen Tisch überlegen und in rund 84 PowerPoint-Folien festgehalten haben: Das ist keineswegs eine Basis für eine gemeinsame Markenbotschafter-Strategie, auf die alle Mitarbeiter einzahlen. Natürlich ist ein Wirtschaftsunternehmen keine Demokratie. Aber wer nach außen etwas bewirken will, kann nicht denen, die nach außen wirken, einfach vorschreiben, was sie zu tun und zu sagen haben.

Wird schon der Start einer Contentstrategie mit Mitarbeiterbeteiligung als reine Mitteilung von oben nach unten kommuniziert und war keiner derjenigen, die nun daran mitwirken sollen, an der Entscheidungsfindung und Konzeption beteiligt, ist der Erfolg mehr als fraglich.

Erfolgsfaktor Nr. 2: Aktive Mitarbeiter-Beteiligung von Anfang an

Wenn sich ein Mitarbeiter nur als Zuträger der Unternehmenskommunikation erlebt, aber ansonsten wenig persönlicher Bezug besteht, wird auch seine Motivation schnell schwinden. Es fehlt dann die Relevanz für die eigenen Ziele. Persönliche Ziele können etwa die fachliche Anerkennung im Unternehmen oder die Steigerung des eigenen Personenmarkenwerts sein. Werden Mitarbeiter ermutigt, ihr Potenzial zu entfalten und eigene Ideen einzubringen? Gibt es echte Mitsprache und bestehen Übereinkünfte, gemeinsam am größeren Ganzen zu arbeiten? Erfolgreich sind Strategieentwicklung und Umsetzung dann, wenn sich die eigentlichen Akteure von Anfang an beteiligt, gehört und eingebunden fühlen.

Fehler Nr. 3: Kommunikation wie bisher

Kollaboration per E-Mail. Keine Möglichkeit, sich auf kurzem Weg auch über räumliche Distanz auszutauschen und Fragen zu stellen. Kein Feedback über Kommunikationserfolge in alle Unternehmensbereiche. Die Geschäftsführung sitzt in der Vorstandsetage und interessiert sich kaum für soziale Netzwerke und erst recht nicht für einen echten Dialog mit den wichtigsten Influencern: den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. So sieht es immer noch in vielen deutschen Unternehmen aus. Erfolgreiche gemeinsame Arbeit an gemeinsamen Zielen sieht anders aus.

Erfolgsfaktor Nr. 3: Funktionierende Strukturen und Werkzeuge

Gemeinsame Unternehmenskommunikation kann nur auf funktionierenden Strukturen gedeihen. Zwar nützt ohne eine Kultur der Zusammenarbeit die beste technische Lösung nichts. Doch umgekehrt braucht man die nötige technische Ausstattung mit funktionierenden Methoden und Werkzeugen, um an Inhalten ebenso wie an anderen Prozessen zu arbeiten. Um auf Dauer gemeinsam an einer von sichtbaren Köpfen bestimmten Kommunikationsstrategie zu arbeiten und dies in die Contentstrategie zu integrieren, braucht man zudem klare Vorgaben und Absprachen: Themenpläne, Redaktionspläne, eindeutige Termine, Zuständigkeiten und standardisierte, aber schlanke Freigabeprozesse. Selbst wenn die Zeit knapp ist, darf dies nicht zulasten der internen Rückkopplung gehen.

Gerade in der Anfangsphase benötigen alle, die an Markenbotschafter- und Contentstrategie mitwirken, detailliertes Feedback, müssen gefördert und geführt werden. All dies muss so aufgebaut sein, dass es für die verschiedenen Beteiligten nachvollziehbar ist und zu deren Arbeitsalltag passt.

Fehler Nr. 4: Zusätzliches erwarten, aber nicht zusätzlich investieren

In den wenigsten Unternehmen sitzen, gleich in welchem Bereich, Mitarbeiter ab mittags herum, langweilen sich und würden sich über zusätzliche Aufgaben freuen. Gleichwohl scheinen viele Entscheider zu erwarten, dass mit gleichbleibenden Ressourcen nunmehr jede Menge zusätzliche Kommunikationsaufgaben im Digitalen bewältigt werden können. Folge: Alle Beteiligten fühlen sich überlastet. Es werden nicht gezielt Prioritäten gesetzt und andere Dinge ebenso gezielt hintenangestellt, sonder es bleibt das liegen, wo momentan am wenigsten Druck entsteht – ungeachtet möglicher Spätfolgen.

Erfolgsfaktor 4: Ressourcen, Personal, Budget

Ohne ein Umdenken in der Unternehmensleitung geht es nicht: Ein Paradigmenwechsel in der Kommunikation erfordert Anfangsinvestitionen. Zudem müssen auf Dauer bestimmte Budgets umgeschichtet werden. Das gilt finanziell ebenso wie zeitlich. Dies stellt zweifellos keine einfache Aufgabe dar, aber eine erfolgsentscheidende. Ganz ohne hauptberufliche Mitarbeiter, die speziell hierfür zuständig sind, ist es kaum möglich, eine Markenbotschafterstrategie und eine Contentstrategie mit Mitarbeiterbeteiligung aufzubauen und auf Dauer durchzuhalten.

Fehler Nr. 5: Bloß keine Experimente!

Markenbotschafter soll es schon geben, aber bitte mit Erfolgsgarantie. Ungeschickte Äußerungen oder Aussagen, die nicht mit den PR-Leitlinien übereinstimmen, sollen auf jeden Fall von Anfang an ausgeschlossen sein. Schließlich droht bei jedem Patzer gleich ein Shitstorm. Wer seinen Mitarbeiter-Markenbotschaftern einen Maulkorb verpasst oder ihnen signalisiert, dass sie mit jeder auch nur halbwegs schiefen Äußerung am eigenen Stuhl sägen, wird wohl kaum loyale Markenbotschafter gewinnen. Dass Shitstorms auch ausbrechen, wenn keiner irgendwas sagt, weil der Missstand ganz woanders liegt, wird dabei getrost vergessen. Folge: Keiner macht mit. Jede Menge Potential wird verschenkt.

Erfolgsfaktor 5: Fehlerkultur und konstruktive Unterstützung

Eine fehlende Fehlerkultur (nicht nur) in der Kommunikation stellt meiner Ansicht nach eines der ganz wesentlichen Entwicklungshemmnisse in deutschen Unternehmen dar. Dabei brauchen Mitarbeiter Unterstützung und das sichere Gefühl, dass die Unternehmensleitung hinter ihnen steht, auch wenn einmal etwas schiefgeht. Denn ganz gleich, ob jemand Ideen für ein Video liefert, eigene Ratgeberbeiträge verfasst oder sich in sozialen Netzwerken nicht mehr nur als Privatperson, sondern auch als Professional vernetzt: Wer nicht täglich mit Kommunikation befasst ist, muss oft erhebliche Anfangshürden überwinden.

Selbst ein im echten Leben gut vernetzter Markenbotschafter muss sich auf für ihn neuen Plattformen erst einmal zurechtfinden und die Gesetzmäßigkeiten, Regeln und Funktionen verstehen, bevor er seine persönlichen Stärken auch im virtuellen Bereich einsetzen kann. Hier ist es an den Fachleuten in der Unternehmenskommunikation, Unterstützung und Fortbildung anzubieten und gegebenenfalls auch einzukaufen. Jedes Unternehmen braucht zudem ohnehin und in jedem Fall ein Konzept zur Krisenkommunikation, denn geschehen kann immer etwas – selbstverschuldet oder unverschuldet.

Daraus folgt: Erst wenn die sichere Basis für alle Beteiligten vorhanden und erkennbar ist, kann die gemeinsame Kommunikationsstrategie mit Markenbotschaftern zum Erfolg führen.

Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY

Markenbotschafter-Strategie im Unternehmen: Die fünf schlimmsten Fehler und die größten Erfolgsfaktoren
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Kerstin Hoffmann

Kerstin Hoffmann

Dr. Kerstin Hoffmann ist Vortragsrednerin, Kommunikations- und Strategieberaterin und Buchautorin. Ihr „PR-Doktor“ gehört zu den meistgelesenen Online-Magazinen der Kommunikationsbranche. Ihr Buch „Lotsen in der Informationsflut“ (Haufe, 2017) hat sich in der aktuellen Diskussion um Influencer und Markenbotschafter zu einem viel zitierten Standardwerk entwickelt. Weitere Infos auf ihrer Website.

2 Reaktionen zu “Markenbotschafter-Strategie im Unternehmen: Die fünf schlimmsten Fehler und die größten Erfolgsfaktoren”

  1. Thomas Schuster
    Thomas Schuster

    Hallo Frau Dr. Kerstin Hoffmann,

    danke für diesen prima Beitrag. Vieles kann in Gesprächen mit Unternehmen als Anstoß genutzt werden, um sich der digitalen Kommunikation anzunähern und dabei die Mitarbeiterseite vernünftig im Blick zu behalten. Chapeau!

    Mit besten Grüßen
    Thomas Schuster

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  2. Dirk Lippold

    Wie definieren Sie den Unterschied zwischen Markenbotschafter und Testimonial?

    Antworten

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