Orientierungslos im Kommunikationszirkus? Wie KMU und Einzelkämpfer ihr Unternehmen ins Rampenlicht rücken

Orientierungslos im Kommunikationszirkus? Wie KMU und Einzelkämpfer ihr Unternehmen ins Rampenlicht rücken

Als Einzelunternehmer oder Geschäftsführung eines kleinen und mittleren Unternehmens gilt es meist, mit vielen Bällen gleichzeitig zu jonglieren. Das fühlt sich im Arbeitsalltag wie in einer Zirkusmanege an: Wilde Raubtiere von links, nervtötende Clowns von rechts und von vorne gleißendes Licht. Kein Wunder, dass man die Orientierung verliert und Bälle fallen lässt. Kommen hier noch unvorhergesehene Ereignisse hinzu – es muss ja nicht immer gleich eine Pandemie sein – ist das Chaos perfekt. Überfordert und frustriert finden sich die Verantwortlichen im Zirkuszelt des Unternehmertums wieder. So haben sie sich das nicht vorgestellt.

Als ob das Führen eines Unternehmens nicht schon arbeitsintensiv genug wäre, kommt in unserer digitalisierten Gesellschaft die allumfassende „Many-to-Many-Kommunikation“ hinzu. Während Marketer und Kommunikationsverantwortliche sich die Hände reiben und voller Vorfreude kreative Guerilla- und Social-Media-Maßnahmen planen, schlagen betroffene Unternehmerinnen und Unternehmer die Hände über den Köpfen zusammen. Wer soll sich hier noch auskennen? Wie sollen wir das alles schaffen? Was sollen wir jetzt machen?

Marketing-Mindset? Unternehmenskommunikation war früher einfacher

Denken wir zurück und schauen uns den „Werbezirkus“ von vor dreißig Jahren an: Es gab einige Fernsehsender, eine Handvoll Radioprogramme und eine überschaubare Palette an Zeitungen und Zeitschriften. Das Werben war denkbar einfach: Jene Marke gewann, die am häufigsten inserierte und am überzeugendsten die Produktvorteile ins Licht rückte.

Diese Zeiten haben sich definitiv schon seit den 1990er-Jahren geändert, aber längst nicht alle Unternehmen haben das neue Marketing-Mindset verinnerlicht. Viele betreiben immer noch eifrig ihre One-Way-Kommunikation, selbst wenn sie die modernen Formen des Social Webs nutzen. Die Unternehmensseiten, eigene Portale und Corporate Blogs werden mit Werbebotschaften, Produkt-Postings und Eigenlob befüllt. Sie antworten kaum, unzureichend oder verspätet auf Anfragen ihrer Kundinnen und Kunden. Oder wollen den Dialog sogar unterbinden, indem sie die Kommentarfunktion abdrehen. Diese Unternehmen ignorieren Diskussionen über ihre Marke und spielen lieber „Verstecken im Social Web“. Nicht immer bewusst, das sei der Fairness halber erwähnt, aber definitiv immer zum Nachteil des eigenen Unternehmens.

Wo früher der Werber im Mittelpunkt stand, stehen heute Konsumentinnen und Kunden. Diese wollen ernst genommen, verstanden und angesprochen werden. Sie wollen relevante Informationen, Interaktion in Echtzeit und authentische Auftritte. Der Kunde von heute erwartet Lösungen und Antworten. Er lässt sich durch glänzendes und glitzerndes Packaging nicht mehr so leicht täuschen. Vielmehr wird verglichen, bewertet und kritisiert – öffentlich. Kunden schließen sich Communities an und schaffen mit ihrem Netzwerk eine enorme Macht, die das Bild des Unternehmens formt. Das bedeutet ganz klar: Die Unternehmen haben nicht mehr die alleinige Definitionshoheit ihrer Marke.

Für mehr Klarheit und Struktur: Strategie und Kommunikationskonzept

Der Werbezirkus ist also komplexer geworden. Das Publikum sieht nicht nur einen Akteur in der Manege, sondern viele gleichzeitig. Was gefällt und persönlichen Ansprüchen gerecht wird, bekommt Aufmerksamkeit geschenkt. Das Rampenlicht gehört all denen, die es zu nutzen wissen.

Genau an diesem Punkt kommt eine Kommunikationsstrategie wie eine lang ersehnte, persönliche Zirkusdirektorin auf die Bühne. Und sorgt mit Zuckerbrot und Peitsche für klare Regeln und einen strukturierten Auftritt. Der große Vorteil einer solchen Strategie ist, dass sie hilft das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Sie lenkt den Arbeitseinsatz und by the way das Budget auf das Wesentliche. Also auf das, was uns zum Ziel bringt!

Einordnung von Kommunikationsstrategien

Was ist eigentlich eine Kommunikationsstrategie? Und was unterscheidet sie vom Konzept? Wie greifen beide Instrumente ineinander?

Je nachdem, wen du fragst, wirst du unterschiedliche Antworten hören. Halten wir die ganze Sache praktikabel – deshalb möchte ich an dieser Stelle eine sehr simple „Definition“ abgeben: Eine Strategie beschreibt den Weg zum Ziel. Ein Konzept hingegen definiert, was überhaupt das Ziel ist – und warum.

Ein Kommunikationskonzept legt also fest, was unser Ziel in der Kommunikation ist und wie wir überhaupt erkannt haben, dass das unser Ziel ist. Unsere Kommunikationsstrategie zeigt uns, wie wir unser Kommunikationsziel erreichen. Dieser Weg kann sich ändern, wenn sich äußere Umstände ändern oder es zu internen Umwälzungen kommt. Das Ziel sollte jedoch immer Bestand haben.

Das bedeutet im Klartext, dass es die eine Kommunikationsstrategie nicht gibt. Es kommt immer auf das Unternehmen an, auf seine Struktur, seine Produkte, seine Führung. Und es kommt auf das Umfeld, die Branche, den Markt an.

Die Frage, ob du derart strategische Überlegungen brauchst, lässt sich sehr einfach mit einer Gegenfrage beantworten: Willst du mehr Klarheit und Struktur in deiner Unternehmenskommunikation? Wünschst du dir einen genauen Fahrplan und einen roten Faden, der sich durch all deine Maßnahmen zieht und dich rasch zu deinem Ziel bringt?

Ja oder nein? Damit hast du dir gerade selbst die Antwort gegeben.

Kommunikative Besonderheiten und Herausforderungen des Mittelstands

Eine Kommunikationsstrategie für den Mittelstand? Da stellt sich mir gleich die Frage, was überhaupt „den Mittelstand“ ausmacht. Und auch hierzu findet sich eine Fülle an Definitionen und Abgrenzungen. Neben der klassischen Bewertung nach Umsatz und Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mag ich den Ansatz der qualitativen Kriterien. Letztgenannte greift unter anderem Josseline Assovié in ihrer interessanten Dissertation auf.

Qualitative Merkmale sind zum Beispiel:

  • Die Persönlichkeit des Unternehmers (Leiter, Eigentümer) spielt im Betrieb eine zentrale Rolle
  • Der Unternehmer verfügt über ein Netz von persönlichen Kontakten (Kunden, Lieferanten und andere Stakeholder)
  • Die Leistungen des Betriebes werden den Kundenwünschen angepasst
  • Es herrschen engere und informelle Kontakte zwischen den Mitarbeitenden und der Unternehmensleitung
  • Die Organisation ist eher wenig formalisiert
  • Es ist möglich rasch auf betriebliche Umweltveränderungen zu reagieren

Diese qualitativen Kriterien für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gelten im besonderen Maße für Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Ein EPU in Personalunion beispielsweise die Geschäftsleitung, der Sales, die Kommunikationsabteilung sowie das gesamte Facility Management.

Treiber der Unternehmenskommunikation

Die Besonderheiten der Kommunikation von KMU liegen vor allem in der Art der Unternehmensführung und Entscheidungsprozesse. Viele Mittelstandsunternehmen werden von Eigentümern geführt, die häufig alle Entscheidungen alleine treffen und versuchen, die zentralen Fäden in der Hand zu halten. Delegieren ist für sie schwierig und eine klare Arbeitsteilung mit fachspezifischen Abteilungen oftmals nicht gegeben. Gerade in der Unternehmenskommunikation oder im Marketing ist mir das schon oft aufgefallen: Die gesamte Abteilung besteht aus der Geschäftsführung samt Assistenz.

Fachkompetenz für Kommunikation? Fehlanzeige – und das ist ein enormes Problem. Werden darüber hinaus in einem Familienbetrieb über mehrere Generationen weitere Verwandte aktiv ins Business eingebunden, dann wundern mich „Fehlbesetzungen“ an wichtigen Stellen im Unternehmen jedenfalls nicht.

Das Social Web und die fortlaufend wandelnden Märkte bieten KMU und EPU große Chancen, um kostengünstige und effiziente Kommunikationswege zu beschreiten. Leider fehlt zu oft das notwendige Fachwissen und der Gesamtüberblick – doch gerade das ist elementar, um wirklich sinnvolle und zielgerichtete Entscheidungen in der Kommunikation zu treffen. Viele betroffene Unternehmen wissen schlichtweg nicht, wie sie eine wirkungsvolle Kommunikationsstrategie entwickeln sollen.

Darüber hinaus verstehen einige KMU und EPU den langfristigen, strategischen Wert einer Kommunikationsstrategie nicht. Ich zeige es an dieser Stelle gerne noch einmal auf: Eine Kommunikationsstrategie trägt zur Wertschöpfung bei und verschafft Unternehmen vielversprechende Wettbewerbsvorteile. Die Kommunikationsstrategie ist somit für ein Unternehmen überlebenswichtig.

Für den hiesigen Verlauf ist es wichtig zu verstehen, dass kleine und mittlere Unternehmen entweder keine oder eher kleine Kommunikationsabteilungen haben. Ergo ist wenig Fachwissen, Zeit und Budget für die Unternehmenskommunikation vorhanden. Alles in allem also denkbar schlechte Voraussetzungen, um in der digitalen und überfüllten Zirkusmanege zur gewünschten Zielgruppe durchzudringen. Deshalb ist ein durchdachter Vorgehensplan für die Unternehmensbotschaften umso wichtiger.

Manege frei: Wie wird eine Kommunikationsstrategie entwickelt?

Wie entwickelt man als One-(Wo)Man-Show oder vielbeschäftigte Geschäftsführung nun eine zielgerichtete und praktikable Kommunikationsstrategie? Schafft man das überhaupt alleine? Am besten wäre in der Tat eine externe Begleitung, da Objektivität und Erfahrung hier definitiv nicht schaden können. Gehen wir das Vorhaben schrittweise an!

Es sind acht Schritte, die wir auf unserem Weg zur Kommunikationsstrategie gehen müssen:

  1. Analysiere die IST-Situation mithilfe einer ausführlichen SWOT-Analyse
  2. Lege eindeutige, SMARTe Kommunikationsziele fest
  3. Definiere deine Kernbotschaft – was soll in den Köpfen der Menschen hängenbleiben?
  4. Grenze deine Zielgruppen so genau wie möglich ein
  5. Überlege dir, wie du mit deiner Zielgruppe kommunizieren möchtest – Häufigkeit, Tonalität, Gewichtung und Prioritäten
  6. Plane eindeutige Kommunikationsmaßnahmen – welche Aktionen wann, wo und in welchem Umfang
  7. Lege Messkriterien fest, an denen du deinen Erfolg misst
  8. Setze dir einen Budget-Rahmen und kalkuliere dabei realistisch

Wie du die einzelnen Schritte sinnvoll angehst, steht im Web tausendfach beschrieben. Um dir einen leichten Start zu ermöglichen, habe ich dir außerdem zu jedem Punkt einen passenden Link hinterlegt. Nimm dir bitte ausreichend Zeit für das Durcharbeiten!

Wird das einfach? Nein, das sicherlich nicht, besonders, wenn es deine erste Kommunikationsstrategie ist. Aber es ist wichtig, sich auf den Weg zu machen und den ersten Schritt zu gehen. Jedes Mal, wenn du deine Strategie überarbeitest, wird sie besser, effektiver und zielgerichteter. So schaffst du es in der Manege der Werbebotschaften mehr Aufmerksamkeit für dein Unternehmen zu bündeln.

Abschließend noch ein Tipp: Handhabe deine Kommunikationsstrategie wie ein Arbeitsinstrument! Lass sie nicht in der Schublade oder auf dem Laufwerk verstauben. Arbeite mit ihr – jeden Tag.

Fazit: Many-to-Many-Kommunikation statt Flohzirkus

Durch die Weiterentwicklung der Technologien und des Social Webs, ergeben sich neue Formen der Kommunikation. Wo einst nur wenige auf der Bühne standen, füllen heute viele Künstler die Manege. Unabhängig davon bietet die Many-to-Many-Kommunikation den KMU und EPU neue, kreative und effektive Möglichkeiten für die Marketingkommunikation.

Meine Erfahrungen zeigen, dass KMU oder EPU auf professionelle Unterstützung angewiesen sind. Alleine gelingt es ihnen nur selten, an den jeweiligen Markt und die neuen Kommunikationsgewohnheiten anzupassen. Das Fehlen einer strukturierten Vorgehensweise ist im heutigen Business-Umfeld nicht einfach „schade“. Es geht um den Erfolg des Unternehmens Wo einst nur wenige auf der Bühne standen, füllen heute viele Künstler die Manege. die Konkurrenz ist nur einen Klick entfernt.

Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY

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Ivana Walden

Ivana Walden

Ivana Walden beschäftigt sich mit der Frage, wie Kommunikation auf den Unternehmenserfolg wirkt und wie Unternehmen und Selbstständige diese Wirkung effizient und effektiv für sich nutzen können. Sie verhilft Unternehmen zu schlanken Kommunikationsstrategien und klaren Leitlinien. "So bleibt mehr Zeit für das wirklich Wichtige: die Menschen."

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