Klare Kante: Der Creative Brief als Startrampe für die erfolgreiche strategische Kommunikation

Klare Kante: Der Creative Brief als Startrampe für die erfolgreiche strategische Kommunikation

Nehmen wir an, es gibt eine Strategie. Für einen Produkt-Launch, eine Kampagne oder zur CEO-Positionierung. Whatever. Wie gehen wir damit um? Wie erkläre ich Dritten meine geile Idee?

Die Herausforderung besteht doch darin, die Strategie präzise zu beschreiben. Also die Relevanz, Core Story und Ziele auszuarbeiten. In wenigen Worten die Nettobotschaft zu vermitteln. Beteiligte frühzeitig abzuholen und aufzugleisen. Und die langfristige Kommunikation auf den Punkt zu bringen.

Mein Vorschlag zur Bewältigung dieser Aufgabe: die Erstellung und Nutzung eines sogenannten Creative Brief.

Was das ist und was alles in einen Creative Brief hineingehört, wie wichtig er für die interne und externe Kommunikation ist und wer davon profitiert – all das zeige ich im hiesigen Beitrag.

Wir müssen reden – Wie ein Creative Brief Erwartung und Realität vereint

Wir benötigen Klarheit oder zumindest einen Rahmen. Selbst bei banalen und wenig zeitgemäßen Fragestellungen fernab jedweder Strategie. Dennoch kommt es selten vor, dass Ad-hoc-Anfragen ein Briefing beiliegt. „Können Sie uns bitte ein Konzept für einen Workshop erstellen?“, „Was kostet Social-Media-Support bei Ihnen?“, „Besteht die Möglichkeit einer Kooperation?“. Um exemplarisch einige Klassiker aus meiner Tätigkeit als PR-Berater zu nennen. Mit solch unkonkreten Angaben – gerne formlos per E-Mail – lässt sich beim besten Willen nichts anfangen. Ich kann so nicht arbeiten!

Fundstück: Keine klare Kante zu bieten, bedeutet viel Platz für Interpretation. Der britische Grafik-Designer und Photoshop-Guru James Fridman macht sich mangelnde Instruktionen zu Nutze. Über 1,3 Millionen Follower bei Twitter sowie mehr als 1,1 Millionen Facebook-Fans lachen über seine lustigen, liebevollen und lösungsorientierten Bilder.

Dabei ist es stets meine Aufgabe, eine Lösung zu präsentieren. Dazu muss ich verstehen, worum es im Kern geht. Welche Kenntnisse, Wünsche und Befindlichkeiten der potenzielle Auftraggeber hat. Um das herauszufinden, stelle ich im Interesse aller eine Schar von Fragen. Mache ich das nicht oder gibt es keine adäquaten Antworten, sind die Erfolgsaussichten von vorneherein als gering einzuschätzen. Die Schere zwischen Erwartungshaltung und Realitätsnähe klafft ohne detailliertere Informationen erfahrungsgemäß zu weit auseinander.

Der Creative Brief beschreibt Hintergründe, Anforderungen, Nutzen, Erwartungen, Ziele, Personas und Ressourcen eines inhaltsorientierten Projekts. Er ist das ausformulierte Ergebnis einer Strategie und bildet die Basis der Kommunikation zwischen den Beteiligten. Das Dokument ist für Vorhaben jeder Größenordnung und als Blaupause nicht nur für Kreative geeignet. Als Synonym gefällt mir der Begriff Strategic Statement.

Die Folgen aus den eingangs genannten „Bagatellen“ wären eine Konzeption, die das eigentliche Workshop-Thema und Bestreben des Kunden weitläufig verfehlt. Ein ratlos zurückgelassener Social-Media-Manager, der seine Ressourcen zunächst in eine aufwendige Recherche nebst Analyse steckt. Oder ein frustrierter Redakteur, der mit dem vorgeschlagenen Medium und Format für die Kooperation ins Klo greift. Abgesehen davon, haben wir ordentlich Zeit verschwendet.

Machen Sie einfach mal –Ich verlasse mich voll und ganz auf Ihre Expertise

Damit wir etwaige Missverständnisse verhindern und die konkreten Vorstellungen und Notwendigkeiten herauskristallisieren, bedarf es eines Creative Brief. Dieser setzt voraus, dass etliche Personen von Beginn an vertrauensvoll miteinander reden und (ganz wichtig!) im Gespräch bleiben: Projekt-Verantwortliche mit Agenturen, Produktmanager mit Kunden, Berater mit Teammitgliedern usw. So wird ein Schuh draus.

Zumal ich für eine transparente Kommunikation von Anfang an plädiere. Ein Vorteil ist, dass mehrere Personen aus unterschiedlichen Bereichen respektive Blickwinkeln involviert sind. Zum einen hebeln wir damit automatisch die vorherrschende Silodenke in Unternehmungen aus, und zum anderen öffnen wir unseren Blick für alternative Herangehensweisen. Für eine erfolgreiche interne Kommunikation mit überschaubarem Aufwand lege ich Lesern ferner den gleichnamigen Beitrag meiner geschätzten Kollegin Ivana Baric-Gaspar ans Herz.

Welche qualitativen Unterschiede es bei Briefings gibt, habe ich anhand eines fiktiven Beispiels im Rahmen der Pitchkultur in Deutschland demonstriert. Erinnern wir uns …

Prachtstück: „Hören Sie, junger Mann, Sie werden die zwölf Apostel an die Decke malen und das Gewölbe dekorieren, und dafür erhalten Sie 2.000 Dukaten abzüglich der Miete für das Haus, das ich Ihnen zur Verfügung stellen werde. Alles klar?“

„Bitte geben Sie unserer Kirche eine neue Bedeutung, Michelangelo, verwandeln Sie die Decke der Sixtinischen Kapelle in eine Botschaft – zum größeren Ruhme Gottes und als Inspiration und Lehre für sein Volk. Ich sehe Fresken, die die Schöpfung der Welt darstellen, den Fall und die Erniedrigung der Menschheit durch die Sünde, den göttlichen Zorn der Sintflut und die Rettung Noahs und seiner Familie. Gehen Sie mit diesem Werk in die Ewigkeit ein. Wachsen Sie über sich hinaus – wer sonst als Sie wäre dazu berufen?“

Mit einem offenen Wort und Ohr schaffen wir die Voraussetzungen für ein wertschätzendendes Vertrauensverhältnis. Mauert der Auftraggeber, ist er garantiert vom späteren Ergebnis enttäuscht. „Denken Sie groß!“ heißt dann „Wer soll das bezahlen?“. Taktiert der Auftragnehmer, bleibt er den Nachweis seiner Kompetenz schuldig. Eine Checkliste zur strukturierten Auftragsklärung finden Interessierte im Marketingblog Mittelstand.

Die Gedanken kommen und fliegen – Und das ist alles nur in meinem Kopf

Ich möchte an dieser Stelle ein Geständnis machen. Wenn ich Aufgaben an Spezialisten aus meinem Team in der Agentur verteile, erfreue ich mich an eingespielten Workflows. Es fühlt sich bequem an, beispielsweise dem Texter meines Vertrauens Informationsbrocken zurufen zu können. Auf ihn ist Verlass und ein umfangreiches Briefing meistens nicht notwendig. Aber okay ist das nicht. Erst recht nicht, wenn wir uns aus dem operativen Tagesgeschäft verabschieden und bei Neugeschäft eine bislang unbekannte Strategie verfolgen.

Deshalb konzentriere ich mich hier auf den Creative Brief als Kommunikationswerkzeug. Denn dieser vereint sämtliche strategische Fragestellungen und gibt Antworten darauf. Bestenfalls werden mit ihm die geäußerten Gedanken tiefgreifend hinterfragt, das geballte Wissen gesammelt, ordentlich dokumentiert und weitergegeben. Ein herkömmliches Briefing geht mir nämlich nicht weit genug. Ist mir noch zu oberflächlich. Dennoch begrüße ich den Beitrag von den Ryte-Kollegen zum Plädoyer für das Briefing und gelobe Besserung bei der Klärung vermeintlich kleinerer Kundenansprüche. Auch, weil „taubes Verständnis“ leider nicht immer funktioniert …

(Quelle: 1Live, „Die tauben DJanes“ – laute Musik und lange Partynächte haben Spuren hinterlassen)

Um es einfach zu machen, habe ich ein kostenloses Template für einen Creative Brief vorbereitet. Keine Ausreden mehr! Mit diesem Tool trotzen wir dem Zwischentitel von Andreas Bourani [sic!] und beleben den Creative Brief als fünftes Element der Kommunikation.

  1. Hintergrund: Was ist die Ausgangssituation? Um welches Projekt geht es? Wie entwickelt sich das Umfeld? Wer sind die Konkurrenten? Welche spezifischen Hindernisse sind bei der internen und externen Kommunikation zu überwinden?
  2. Aufgabe: Wie lautet der Arbeitsauftrag in einem Satz? Was ist genau gefragt? Welche konkrete Beschreibung liegt vor? In welcher Form wurde angefragt? Wer richtet die Aufgabenstellung an uns?
  3. Kommunikationsziel: Was soll mit dem Projekt erreicht werden? Welche Ziele werden verfolgt? Für welchen Zweck dient das Vorhaben? Wie können die Ziele später gemessen werden? Was passiert bei Nichterreichung des gesetzten Kommunikationsziels?
  4. Zielgruppe: Welche Personen sollen erreicht werden? Mit wem möchten wir in den Dialog treten? Was ist das Besondere an der Zielgruppe? Wo treibt sie sich um? Wie können wir die notwendige Relevanz sicherstellen?
  5. Kernbotschaft: Was muss das Projekt vermitteln? Wie lautet der zentrale Schlüsselsatz? Welcher Nutzen soll versprochen werden? Welchen USP weisen wir vor? Gibt es eine Core Story?
  6. Begründung: Warum sollte die Zielgruppe das glauben? Welche rationalen oder emotionalen Gründe gibt es? Was ist das überzeugende Argument? Wie glaubwürdig ist die Botschaft? Können wir authentisch und effektiv zugleich sein?
  7. Tonalität: Welcher Unterschied zum Wettbewerbsumfeld zeichnet uns aus? Wie laut wollen wir sein? Können wir unsere Haltung herausstellen? Welche Tonalität umfasst der kommunikative Auftritt? Was ist sonst noch wichtig?

Diese und weitere Fragen stellen sich Unternehmungen und Dienstleister gleichermaßen. Auch gegenseitig und umgekehrt. Und das ist auch gut so. Zumal jeder von uns unterschiedlich darauf reagiert. Aus seiner subjektiven Sicht handelt und aus den eigenen Erfahrungen sowie nach bestem Wissen und Kenntnisstand antwortet. Wir bringen uns einander näher.

So sieht es aus – Wenn ich morgen vom Bus überfahren würde

Stellen wir uns rein prophylaktisch vor, ich würde morgen vom Bus überfahren werden. Das ist ohnehin und in vielerlei Hinsicht dramatisch. Im übertragenen Sinne auf unser Projekt zudem eine absolute Katastrophe. Wurde die strategische Stoßrichtung ausreichend dokumentiert? Verstehen Außenstehende die Intention? Sind wir uns einig, und ist die Marschroute klar?

Vermutlich nicht. Doch bedarf es keines Horrorszenarios, um sich zu verdeutlichen: Sobald ich externe Hilfe benötige, bringt mich generisches Halbwissen nicht weiter. Wenn die eigenen Kapazitäten nicht ausreichen (und nicht nur dann). Sämtliche Gewerke auf einen einheitlichen Stand gebracht und Entscheider überzeugt werden müssen. Eben dann benötige ich ein Instrument, um meinen Nachkommen ein ganzheitliches Vermächtnis zu hinterlassen. Ja, ganz genau, durch einen Creative Brief.

Ein Creative Brief ist eines der wichtigsten Puzzleteile eines Vorhabens. Er bietet einen Überblick über sämtliche Aktivitäten, die es zu bewältigen gilt. Eine Zusammenfassung aller einzelnen Aspekte eines Projekts. Wenn von vorneherein mit offenen Karten gespielt wird. Mag aller Anfang schwer sein, gibt es kaum Alternativen. Der Creative Brief stellt sicher, dass alle Beteiligten in einem Projekt von Anfang an in dieselbe Richtung marschieren. Dass das Projekt reibungslos verläuft, im Zeitplan bleibt und erfolgreich ist. Oder habt ihr eine bessere Idee?

Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY

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Stefan Schütz

Stefan Schütz

Stefan Schütz ist als Senior Manager Corporate Communications bei einer Not-for-Profit-Organisation für interne und externe Kommunikationsprozesse zu strategischen Fragestellungen und crossmedialen Maßnahmen zuständig. Seit mehreren Jahren schreibt das waschechte Nordlicht als bekennender Content-Enthusiast in seinem Blog PR-Stunt über klassische Kommunikationsthemen, Social Media und Content-Marketing.

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