Satzzeichen & Emoticons in den sozialen Medien: Wie damit umgehen?

Satzzeichen & Emoticons in den sozialen Medien: Wie damit umgehen?

Im Jahr 1982 erfand Scott Elliot Fahlman das Smiley :), um Missverständnissen in virtuellen Diskussionen vorzubeugen. Damit sollten nicht ernst gemeinte Aussagen markiert werden. Mehr als 30 Jahre später stelle ich mir nach einer Diskussion mit einer guten Freundin nun die Frage, wie mit Emoticons im Zusammenhang mit Satzzeichen in computervermittelter Kommunikation umzugehen ist. Smileys vor oder nach dem Punkt, Fragezeichen etc.? Oder einfach jegliche Interpunktion auslassen? Eine Bestandsaufnahme.

Ehrlich gesagt habe ich mir beim Bloggen, beim Schreiben einer E-Mail, beim Chatten oder beim Versenden einer SMS an Familie, Freunde oder Bekannte bisher nie Gedanken gemacht, ob und an welcher Position bei der Verwendung eines Smileys ein Punkt, Fragezeichen oder Ausrufezeichen zu stehen hat. Du sicher auch nicht, oder?

Emoticons und Zeichensetzung – offizielle Regeln zu diesem Thema existieren nicht. Wieso sollte man sich dann überhaupt damit beschäftigen? Aus folgenden drei Gründen:

  1. Willkürliche Zeichensetzung im Zusammenhang mit Emoticons stört die Lesbarkeit eines Textes.
  2. Bei „falscher“ Anwendung kann es in der Kommunikation zu Missverständnissen kommen.
  3. Erst die Aufstellung von „Regeln“ ermöglicht ein abweichendes Verhalten und damit erweiterte Ausdrucksmöglichkeiten.

Unterschiedliche Ansichten in Foren

In Internetforen finden sich unterschiedliche Sichtweisen zum Verhältnis von Smileys und Interpunktion. Denn Emoticons gehören zwar nicht zum schriftsprachlichen Standard, entwickeln sich auf dem Gebiet der sozialen Medien aber in rasantem Tempo.

  • So favorisiert eine Nutzergruppe das Satzzeichen vor Smiley & Co. und führt dafür u. a. ästhetische Gründe an.
  • Andere Diskussionsteilnehmer hingegen plädieren für ein Setzen des Emoticons vor dem Punkt, da es aussagetechnisch zum Satz gehört.
  • Nicht selten wird auch die Meinung vertreten, dass ein Emoticon in informeller Kommunikation auch als Satzzeichenersatz fungieren kann.

Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass es auch Unterschiede zwischen Chat- und E-Mail-Kommunikation gibt. So neigen in Chats Kommunikationsteilnehmer eher dazu, Satzzeichen wegzulassen und Sätze mit einem Emoticon zu beenden. Wenn man einen neuen Gedanken beginnt, macht man oft einfach einen Zeilenumbruch.

Emoticons und ihre Funktionen

Emoticons sind kleine Piktogramme, die durch eine Kombination von Buchstaben, Interpunktionszeichen und anderen Sonderzeichen entstehen. Es ist ein Kofferwort aus „emotion“ (Gefühl) und „Icon“ (Bild) und transportiert Mimik und Tonfall in der schriftlichen Kommunikation.

Diese alleinige Funktionszuschreibung greift für einige Autoren jedoch zu kurz. So würden Emoticons auch als Strukturierungszeichen und Ironiesignal zum Einsatz kommen.

Laut dem Spachwissenschaftler Dr. Georg Albert von der Universität Koblenz können für die Verwendung von Emoticons gewisse „syntaktische Regularitäten“ beobachtet werden. So erscheinen Emoticons in der Regel am Ende einer Äußerung bzw. bilden die Äußerung selbst und besetzen damit die Position der Satzzeichen. Ein Smiley ersetzt oft Punkt und Ausrufezeichen, seltener jedoch Fragezeichen als Satzschlusszeichen.

Tatsächlich kann es heute in einem Chat unter guten Freunden einem Affront gleichen, wenn anstatt eines Smileys am Satzende ein nüchterner Punkt gesetzt wird, wie Psychologen in einer Studie der amerikanischen Binghamton University herausgefunden haben.

Emoticons werden also auch verwendet, um einen Kommunikationsmodus als positiv-freundschaftlich zu markieren.

Emoticons verfügen über ein sehr weites, kontextabhängiges Funktionsspektrum und haben einen autonomen Status, d. h. sie können einen eigenen Sprechakt konstituieren. Mit ihnen lässt sich zudem eine Aussage akzentuieren oder verstärken. Ebenso wie Modalwörter beziehen sich Emoticons auf eine ganze Aussage – das kann ein Satz, aber auch ein ganzer Absatz sein. Idealerweise steht ein Emoticon direkt im Anschluss an die Aussage, auf die sie sich bezieht – nach dem Punkt. Ein Emoticon, das innerhalb einer Aussage steht, bezieht sich dann auch nur auf eine Teilaussage.

Satzzeichen und Emoticons: Gemeinsamkeiten

Satzzeichen und Emoticons weisen einige Funktionsüberschneidungen auf. So kennt die deutsche Sprache „mehrere herkömmliche Interpunktionszeichen, die zumindest eine Affinität zur Emotionalität aufweisen“, wie es auf Linguistik Online heißt.

Und auch Ironie ist eine weitere Gemeinsamkeit. Tatsächlich wurde einst sogar ein sogenanntes Ironiezeichen als Satzzeichen vorgeschlagen, was sich aber nicht durchgesetzt hat, da man hierfür ein neues Symbol auf der Tastatur hätte schaffen müssen. Diesen Nachteil haben Emoticons nicht.

Zudem stellen Karsten Rinas und Veronika Uhrová im oben verlinkten Fachbeitrag fest, dass „Smileys eine gewisse Affinität zur Einheit des Satzes – und Absatzes“ haben und damit – wie Interpunktionszeichen – auch zur Lesesteuerung und Strukturierung beitragen.

TIPP: Fast zeitgleich ist auf absatzwirtschaft ebenfalls ein Beitrag über Emoticons erschienen. Darin geht es um das Thema Marketing mit Emojis.

Zeichensetzung und Emoticons – drei Möglichkeiten

Wie und ob Emoticons mit Punkt, Ausrufezeichen & Co. kombiniert werden, hängt auch davon ab, welche Funktion man den Emoticons zuschreibt. Sehen wir uns nachfolgend die verschiedenen Möglichkeiten einmal genauer an, so wie es Gretchen McCulloch in einem Beitrag für die Seite mentalfloss.com getan hat. Dabei sollen kurz Probleme einzelner Kombinationen diskutiert werden.

1. Zeichensetzung nach dem Emoticon

  1. Tolle Idee :D!
  2. (Bitte vergiss nicht, den Film mitzubringen :)).
  3. Das kotzt mich an :P.
  4. Ich hoffe, du  hattest einen guten Tag :).
  5. Was geht ♥?
  6. OMG ???.
  7. Jaaaaaa ? ? ? …
  8. Yeaaaahh ?!!!
  9. You’re on ?!

Die laut Studien am seltensten verwendete Variante ist die Zeichensetzung nach dem Emoticon. Ein Satzzeichen nach einem Emoticon zu setzen, sieht demnach für viele User „unschön“ aus und kann zudem zu falschen Assoziationen führen. So meinte jemand, die Smiley-Punkt-Kombination in Satz 4 würde ihn an eine lächelnde Marilyn Monroe erinnern. Bei einem grafischen Smiley wäre das kein Problem.

Auch die doppelte schließende Klammer in Satz 2 kann Verwirrungen stiften (hier ein Link zu einem Comic, der das Problem veranschaulicht). Um die schließende Klammer besser kenntlich zu machen, gibt es aber einige „Hacks“. So kann man beispielsweise ein Leerzeichen zwischen Smiley und schließender Klammer einfügen, oder aus :) wird :D.

2. Zeichensetzung vor dem Emoticon

  1. Tolle Idee! :D
  2. Das kotzt mich an. :P
  3. Was geht? ♥
  4. OMG. ???
  5. Jaaaaaaa … ? ? ?
  6. Yeeeaahh!!! ?
  7. (Bitte vergiss nicht, den Film mitzubringen.) :)
  8. You’re on! ?

Das Satzzeichen vor dem Emoticon – dies wird von der Mehrheit der User bevorzugt. Emoticons könnten hier in manchen Fällen als „Regieanweisungen“ verstanden werden, die sich auf den ganzen Satz beziehen, allein stehen könnten und daher erst nach dem abschließenden Punkt stehen.

Diese Interpunktionspraxis bringt aber andere „Schwierigkeiten“ mit sich. Und zwar fehlen hier die klaren Grenzen, vor allem, wenn noch ein weiterer Satz folgt. Worauf bezieht sich das Emoticon genau, wenn sich die Kommunikationsteilnehmer untereinander nicht gut kennen? Nur auf den letzten Satz oder den ganzen Absatz.  Oder bezieht es sich – in Ausnahmefällen – gar auf den folgenden Satz? Außerdem verändert es in einigen Fällen sogar die Bedeutung von Sätzen, wie in Satz 8 oder 9.

3. Verzicht auf Interpunktion

  1. Tolle Idee :D
  2. (Bitte vergiss nicht, den Film mitzubringen :)
  3. Singst du gerade :)
  4. Das kotzt mich an :P
  5. Meine Lieblings-Emoticons sind :D :P und :)
  6. Was geht ♥
  7. OMG ???
  8. Jaaaaaa ? ? ?
  9. Yeaaaahh ?
  10. You’re on ?

Dieser Fall tritt insbesondere in Chat-Interaktionen auf, wo Satzzeichen sowieso eher wenig gebraucht werden. Das Smiley steht in Satz 1 anstelle eines Ausrufezeichens, konkurriert mit diesem. Das Emoticon trägt inhaltlich nichts Neues zum Satz bei. Dass hier aber kein Ausrufezeichen gesetzt wird, sondern das Emoticon, lässt sich stilistisch erklären: Es drückt, wie bereits erwähnt, soziale Nähe aus und kontextualisiert die Äußerung. Satz 2 sieht ohne schließende Klammer seltsam aus. Satz 3 wird auch ohne Fragezeichen als Fragesatz erkannt. Das Weglassen des Fragezeichens im Zusammenhang mit Emoticons ist aber eher selten.

Was du schon immer über Emoticons und Satzzeichen wissen wolltest.TWEET

Fazit

Emoticons vor oder nach dem Punkt, Fragezeichen oder Ausrufezeichen? Oder pfeift man in sozialen Medien auf jegliche Interpunktion und lässt Smileys anstelle von Satzzeichen einen Text strukturieren? Die Ansichten gehen bei diesem Thema weit auseinander.  Erste syntaktische Regularitäten wurden in der Forschung bereits nachgewiesen. So tauchen Emoticons häufig am Ende von Aussagen auf. Doch ob vor oder nach dem Punkt, hierzu ist man noch nicht einer Meinung. Das hängt auch davon ab, welche Funktion man Smileys & Co. zuschreibt.

Da der Umgang mit Emoticons kreativer Natur ist und sozusagen „künstlerische Freiheit“ herrscht, ist es derzeit schwierig, einheitliche Interpunktionsregeln aufzustellen. Die Initiative hierzu sollte aus der Nutzercommunity entspringen. Gretchen McCulloch zieht in ihrem Beitrag über Emoticons und Satzzeichen das Fazit, dass es wohl nicht den einen Weg gibt, um beide zu kombinieren. Sie plädiert daher für ein hybrides System.

Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY

Und wie nutzt du Emoticons in Sätzen? Folgst du da einer bestimmten Regel oder machst du das Pi mal Daumen?
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Martin Stäbe

Martin Stäbe

Martin Stäbe hat in Augsburg und Rennes Betriebswirtschaftslehre studiert. Bei der Online Solutions Group GmbH ist er seit 2011 für den Bereich SEO zuständig, seit 2012 als Redakteur auch für den Agenturblog. Unter "Frankreich Fan" bloggt er privat.

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